WIE VERSIEGELN WIR
Fissurenversiegelung -unsere Vorgehensweise-
Die richtige Reinigung vor der Versiegelung: Ohne Kinetische Kavitätenpräparation geht das nicht!
(Salzstrahler, wie sie für die Erwachsenenprophylaxe zum Airpolishing (z.B. Airflow®) Anwendung finden, sind ungeeignet!) Wie sollen handelsübliche Zahnbürsten bzw. deren Borsten diese feinsten Rillen reinigen, wenn der Borsten-Durchmesser zumeist deutlich größer als die Fissurenbreite ist, und die Borsten zudem noch in Büscheln gleicher Länge angeordnet sind?
Übrigens gilt dies leider auch für rotierende Bürstchen in Zahnarzt-Praxen! Auch diese können den Fissurengrund nicht erreichen und sind daher für eine restlose Fissurenreinigung vor einer Versiegelung ungeeignet! Der Einsatz feinstkörniger Pasten (Bims etc.) ändert nichts an dieser Tatsache, weil diese Polierpasten nur dort eine reinigende Wirkung erzielen werden, wo die Körnchen der Paste von den Borstenenden noch bewegt werden können. Nur dann kann eine „scheuernde“ Reinigungswirkung erwartet werden. Da die Borste nicht bis in den Fissurenfundus gelangt, sammelt sich dort nur die Polierpaste.
Bild 1
Bürsten, auch Bürstchen, wie sie allgemein in Zahnarztpraxen angewendet werden, sind nicht geeignet, um Fissuren wirklich gründlich zu reinigen.
Bild 2
Behandlung eines unteren großen Backenzahnes mit kinetischer Kavitätenpräparation vor der Fissurenversiegelung. Da der Pulverstrahl nur undeutlich als „Nebel“ auf den Bildern zu erkennen ist, nebenstehende schematische Darstellung der Anwendung.
Bild 3
Im Grunde funktioniert die Kinetische Kavitätenpräparation wie ein Sandstrahler. Der rund um den Partikel-Strahl wie ein Mantel geführte Wasserstrahl vermeidet eine „Staubentwicklung“.
Bild 4 = (Detailansicht von Bild 3)
Wie fein, substanzschonend aber dennoch gründlich die Fissurenreinigung/-präparation mit der kinetischen Kavitätenpräparation möglich ist, zeigt diese Aufname. Nur der zentrale Pulverstrahl entfernt Zahnbeläge (Speisereste, Biofilm und Bakterien) und erweichte Zahnsubstanzen bei einer beginnenden Fissurenkaries. Die Übergänge zwischen Fissurenversiegelung und minimalinvasiver „Füllung“ sind bei gleichzeitigem Vorliegen von kariesfreien Fissuren und initialer Karies (z.B. in den tiefen Grübchen) naturgemäß fließend.
FAZIT:
Vor einer wirklich guten Fissurenversiegelung sind erst mal alle Fissuren möglichst gründlich professionell zu reinigen. Wir machen dies seit 1994 routinemäßig mit der kinetischen Kavitätenpräparation. Bei dieser Pulverstrahltechnik werden feinste Aluminiumoxid-Partikel (Al²O³), -keine Salze-, mit einem Durchmesser von 27µm, oder 0,027 mm mit Druckluft stark beschleunigt. Der durch eine feine Düse gebündelte Pulverstrahl ist sehr fein und erlaubt sowohl eine extrem zahnsubstanzschonende Reinigung der Fissuren, als auch eine minimalinvasive Präparation von demineralisierten oder bereits kariösen Zahnhartsubstanzen. Letzteres unterscheidet die kinetische Kavitätenpräparation von Geräten, die lediglich auf dem Zahn aufgelagerte Verfärbungen (Nahrungspigmente) beseitigen sollen. Nur so ist eine professionelle „porentiefe“ Reinigung aller Fissurenabschnitte sicher gewährleistet. Die kinetische Kavitätenpräparation sollte nicht mit Geräten verglichen werden, die z.B. mit Natriumbicarbonat arbeiten. Letztere (z.B. „AIR-FLOW“) sind für professionelle Zahnreinigungen bestens geeignet um Verfärbungen oder Pigmente zu beseitigen. Die Leistung reicht jedoch nicht aus, um eine Fissur „porentief“ zu reinigen, und sie reicht erst recht nicht aus, um Initialkaries sicher zu entfernen.
Selbstverständlich werden alle Fissuren vor der Versiegelung mit flüssigen Präparaten geätzt. Die eigentliche Versiegelung ist „Chefsache“! Nach der Ätzung mit Phosphorsäure wird zunächst ein dünnfließendes Material (Bonding) aufgebracht, um in die gereinigten Areale einzuziehen! Nur sehr dünnflüssige Materialien können in die engen Spalten einfliessen. Eine zweite Schicht aus fliessfähigem Komposit (TetricFlow ®) wird dünn aufgebracht. Die Abschließende Härtung erfolgt durch intensives blaues Licht mit einer Wellenlänge um 465nm.
Die Borsten einer herkömmlichen Kinder-Zahnbürste sind zylindrisch geformt, ihr Durchmesser ist also von unten bis oben gleich und liegt in der Größenordnung von 0,2 – 0,15mm (200-150µm). Obwohl es technisch möglich wäre, auch die Borstenenden von Kinderzahnbürsten konisch zu verjüngen, ist es fraglich, ob damit bessere Reinigungsergebnisse auf den Kauflächen erzielt würden. Schließlich erfordert der Einsatz solcher Bürsten ein ausgeprägtes feinmotorisches Geschick. Fehlt dieses (noch), wären die Borstenenden sehr schnell verbogen. (Zur Info: Der Durchmesser der Borsten einer Meridol ® Zahnbürste (für Erwachsene) beträgt an der Basis 0,18mm, an der Spitze aber nur 0,05mm (immer noch 50 µm!). Damit sind diese Borsten außerordentlich weich und flexibel, bieten aber gleichzeitig genügend Stabilität für eine sehr gute Reinigungsleistung bei entsprechender Putztechnik.)
Die geeignete Konditionierung
Die Konditionierung erfolgt in unserer Praxis nach den Regeln der Säure-Ätz-Technik (SÄT) im Anschluss an die kinetische Kavitätenreinigung / -präparation. Der Zahnschmelz wird für 30 bis 40 Sekunden mit dünnflüssiger 36%iger angefärbter Phosphorsäure (Géle können nicht in die feinen Spalten eindringen!) geätzt. Durch diese Massnahme werden alle konditionierten Zahnoberflächen benetzbar und ermöglichen eine belastbare Mikroverzahnung zwischen Zahnsubstanz und Bonding.
Die dauerhafte Versiegelung
Die dauerhafte Versiegelung besteht aus zwei Schichten, die nacheinander appliziert, jedoch gemeinsam polymerisiert werden. Zunächst wird ein Tropfen Bonding (z. B. Heliodent ®, Fa. Vivadent; ungefüllter lichthärtender Kunststoff) so aufgebracht, dass sichergestellt ist, dass Lufteinschlüsse weitestgehend vermieden werden. Dieses Material dringt aufgrund kapillärer Kräfte in die feinsten Spalten ein. Überschüsse werden mit trockener, ölfreier Luft verblasen. Darüber legen wir eine zweite Schicht aus dünnfließendem Komposit (z. B. TertricFlow ®, Fa. Vivadent).
Eine so gefertigte Fissurenversiegelung hält problemlos für 10 und mehr Jahre!
Ggf. am selben Zahn notwendige Massnahmen sind Ergänzungsversiegelungen. Diese werden insbesondere dann notwendig, wenn bukkale (wangenseitige) Fissurenabschnitte im Unterkiefer, oder palatinale (gaumenseitige) Fissurenabschnitte im Oberkiefer aufgrund einer Kauflächenversiegelung im frühen Durchbruchs-Stadium erst später versiegelbar werden.
Das bewährte Material
Wir haben bis zur Markteinführung von Tetric Evo Flow ® (ca. 2004) seit vielen Jahren (seit 1996) TetricFlow® verwendet. (Beide Materialien: Fa. Vivadent, Lichtenstein) Immer in Kombination mit Heliobond ®, (Fa. Vivadent). Beide Materialien wurden für die hochwertige direkte minimalinvasive Restaurationstherapie konzipiert.
Nach anfänglichen Versuchen in den frühen 90ger Jahren mit speziell für die Fissurenversiegelung konzipierten Materialien, arbeiten wir aufgrund des zu häufigen Versagens dieser Systeme konsequent nach der Devise:
Lieber einen Zahn aufwendig und dauerhaft versiegeln, als schnell mehrere Zähne „scheinbar“ zu versiegeln!
Seit 1996 gibt es TetricFlow®, Fa. Vivadent, ein eigentlich für minimalinvasive Restaurationen (bei Erwachsenen) konzipiertes dünnfließendes Komposit. In Verbindung mit Heliobond®, Fa. Vivadent, erschien mir diese Kombination gerade gut genug, um bleibende Zähne bzw. deren Fissuren nicht nur bei Kindern und Jugendlichen damit dauerhaft zu versorgen.
Heute freue ich mich sehr über diese Entscheidung. Viele, ja fast alle, der bisher gefertigten Fissurenversiegelungen sind völlig intakt! In unserer Praxis ist es daher nicht üblich, denselben Zahn alljährlich neu zu versiegeln.
Die Haltbarkeit einer solchen Fissurenversiegelung
Die durchschnittliche Haltbarkeit einer solchen Versiegelung liegt sicher deutlich über 10 Jahren. Der limitierende Faktor sind sicherlich nicht mehr die Werkstoffeigenschaften, sondern vielmehr die Rahmenbedingungen, die bei der Fissurenversiegelung, also bei der Werkstoffverarbeitung, herrschen.
Wenn bei einem kooperativen Kind, -unterstütz durch eine geeignete Assistenz-, die Rahmenbedingungen für eine werkstoffgerechte Verarbeitung stimmen, ist das Erkrankungsrisiko des so versiegelten Zahnes dauerhaft von den Kauflächen auf die Zahnzwischenräume bzw. die Zahnhälse verlagert!
Es ist traurig, aber leider wahr: Einige (wenige) der Mitte der 90ziger Jahre gefertigten Fissurenversiegelungen mußten mittlerweile größeren Restaurationen weichen. Durch unzureichende Zwischenraum-Reinigungsmassnahmen kam es zwischenzeitlich an diesen Zähnen zu einer Approximalkaries (Zahnzwischenraumkaries) oder zu einer Zahnhalskaries.
Wie lange dauert eine Fissurenversiegelung?
200 Sekunden, die sich lohnen! – Fissurenkaries muß nicht sein! -Zu einer wirklich guten Fissurenversiegelung gehört immer ein Kind, das gut mitmacht!
Bei einem gut kooperierenden Kind ist eine perfekte Fissurenversiegelung nach gut 3 Minuten fertiggestellt! Wir empfehlen daher regelmäßige Zahnarztbesuche ab dem zweiten Lebensjahr. Unsere Erfahrung zeigt, dass Kinder, die unsere Praxis kennen, mit der Behandlungsumgebung und dem Team vertraut sind, hervorragend kooperieren. Diese Kinder lassen sich während der Behandlung optimal lagern, wachsen selbst mit 5 Jahren in beeindruckender Weise über sich hinaus und können den Mund lange und weit genug öffnen, um von vorneherein eine optimale Fissurenversiegelung zu erhalten.
In diesen Fällen dauert die eigentliche Fissurenversiegelung einschliesslich aller Begleitmassnahmen ca. 200 Sekunden. In diesen 3 Minuten wird der Zahn perfekt gereinigt (10 – 60 Sekunden), getrocknet (10 Sekunden), konditioniert (40 Sekunden), abgespült und anschließend absolut trockengelegt (30 Sekunden). Der sorgfältige Auftrag des Bondings und die Applikation des flüssigen Komposits erfordern 20 Sekunden. Die Lichtpolimerisation (Härtung) dauert 40 Sekunden.
Danach kann das Kind ausspülen. Möglicherweise ist etwas zu hoch oder es müssen Überschüsse, die beim Verblasen des Bondings entstanden sind, entfernt werden. In jedem Falle entfernen wir noch durch eine kurze Politur die Inhibitionsschicht.
Nur sehr selten erleben wir, dass es einfach nicht gelingt, den Zahn in geeigneter Weise zu erreichen oder für die erforderliche Behandlungsdauer trockenzulegen. In diesen seltenen Fällen machen wir meist einfach einen zweiten Anlauf an einem anderen Tag. Ist bereits kinetisch gereinigt, wird die Fissur entweder unbehandelt belassen, ggf. mit Duraphat ®, einem Fluoridlack für kurze Zeit gepinselt.
Schon seit 1995 machen wir bei der Fissurenversiegelung keine „faulen“ Kompromisse. Materialien, die schneller verarbeitet werden können oder aber angeblich nicht so feuchtigkeitsempfindlich sind, haben sich als nicht haltbar erwiesen und werden in meiner Praxis schon lange nicht mehr für bleibende Zähne verwendet.